Mehr als ein süßer Social-Media-Trend? Warum die „Vanilla Girl“-Ästhetik so umstritten ist (2024)

Trend auf Tiktok und Instagram

Mehr als ein süßer Social-Media-Trend? Warum die „Vanilla Girl“-Ästhetik so umstritten ist

Mehr als ein süßer Social-Media-Trend? Warum die „Vanilla Girl“-Ästhetik so umstritten ist (1)

Blasser Teint, helle Klamotten: Der „Vanilla Girl“-Trend geht auf Tiktok und Instagram viral.

Quelle: Deagreez/Istockphoto

Besonders oft sind die selbst ernannten „Vanilla Girls“ derzeit auf Tiktok und Instagram zu sehen: meist junge, blonde, hübsche Frauen mit einer Vorliebe für beigefarbene Kleider, dezentes Make-up und ein häusliches Umfeld. Was hinter der Ästhetik steckt – und warum sie gar nicht so harmlos ist, wie sie zunächst scheint.

Im Amerikanischen ist „Vanille“ nicht unbedingt nur positiv belegt: So steht der Ausdruck „plain vanilla“ für etwas Gewöhnliches, Einfaches und auch ein bisschen Langweiliges. Auf den sozialen Medien hat das Gewürz derzeit trotzdem seinen großen Auftritt als Trendästhetik. Über 860.000 Aufrufe verzeichnet der Hashtag #vanillagirl bereits auf Tiktok.

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Die damit markierten Posts zeigen dabei recht gut, auf was es ankommt: Das typische #vanillagirl hat helle Haut und lange blonde Haare, trägt natürliches Make-up und goldenen Schmuck. Morgens wacht es im Seidenschlafanzug zwischen beigefarbener Bettwäsche auf, um in einen weißen Strickpullover und Ugg-Boots zu schlüpfen und sich dann zu schminken, Kaffee zu trinken oder verträumten Tätigkeiten wie dem Tagebuchschreiben oder Lesen nachzugehen. „Plain vanilla“ also, wenn auch mit einem exklusiven Beigeschmack.

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Wenig Diversität auf den sozialen Medien

Damit passt die „Vanilla Girl“-Ästhetik gut in das klischeebehaftete Bild, das Frauen im Allgemeinen auf den sozialen Medien abgeben. „Die Selbstpräsentation in den sozialen Medien ist stark von klassischen Stereotypen gefärbt“, sagt Silvana Weber, promovierte Kommunikationspsychologin von der Universität Würzburg. Sie forscht schwerpunktmäßig zu Diversität auf sozialen Medien und dazu, was dort kommunizierte Stereotype bewirken. „Frauen stellen sich oft schwach, unterordnend, verführerisch dar“, sagt sie. Oftmals agierten sie in einem häuslichen Umfeld, während bei Männern eher Stärke, der Beruf oder Statussymbole wie Auto oder Uhr im Vordergrund stünden. Das suggeriert, dass Frauen nicht gleichermaßen in Leistungspositionen vertreten sind und hinsichtlich der gesellschaftlich anerkannten Erwerbsarbeit weniger leisten.

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Zudem unterstützen Frauen und Männer klassische Rollenbilder dadurch, in welcher Weise sie sich zeigen. Etwa durch die gewählte Kameraperspektive: „Frauen fotografieren eher von oben, damit sie kleiner wirken, während Männer sich eher von unten fotografieren, um größer zu wirken“, sagt Weber. „Dazu kommt bei den Frauen gern ein schweifender Blick, sie halten den Kopf leicht schief oder berühren ihr Gesicht oder ihren Hals mit den Händen, obwohl dazu eigentlich keine Notwendigkeit besteht.“

Zum Hashtag #thatgirl

Hinter #thatgirl, auf Deutsch „dieses Mädchen“, steckt ein Idealbild, das Selbstoptimierung und Selfcare zelebriert. Das bedeutet: früh aufstehen, das Bett machen, schon vor dem Frühstück das erste Workout absolvieren, einen Matcha Latte zubereiten, frisches Obst sorgfältig in einer Bowl arrangieren – und den restlichen Tag genauso effizient zu gestalten, wie er angefangen hat.

Stereotype als Folge gesellschaftlicher Ideale

Doch woher kommt die Vorstellung davon, wie jemand zu sein hat? „Stereotype, die in den sozialen Medien aufgegriffen werden, spiegeln gesellschaftlich geteilte Ideale wider – und verfestigen diese dadurch gleichzeitig“, sagt Weber. Das gilt insbesondere für das weibliche Schönheitsideal: „Im Moment ist schlank und muskulös das Ideal, das hält sich auch schon eine ganze Weile. Aber über die letzten Jahrzehnte und Jahrhunderte hat dieses Schönheitsideal einen riesigen Wandel vollzogen. Schaut man zum Beispiel zurück in die 50er-Jahre, wurde ein kurvigerer Frauentyp als schön empfunden, wie bei Marilyn Monroe.“

Doch nicht nur für das eigene Aussehen existiert ein solches Idealbild, sondern auch für das Zuhause und den kompletten Lebensstil: „Aktuell ist der Trend, dass man einen strukturierten und aufgeräumten Alltag zu führen und sein Leben auf die Reihe zu kriegen hat“, sagt Weber. Das zeige sich gut am Social-Media-Trend „That girl“, der Anfang 2022 aufkam. Zum Symbol für ebendiese Aufgeräumtheit, für Minimalismus, Makellosigkeit und ein monochromes Leben, in dem Chaos keinen Platz hat, mutierte die Farbe Beige. Ehemals als Rentnerfarbe verschrien, ist sie nun in Interieurs, auf den Laufstegen und eben auch für den „Vanilla Girl“-Look unerlässlich.

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Warum Ideale gefährlich sein können

Das Problem bei den immer aufgeräumten und erfolgreichen Leben auf den sozialen Medien: „Es werden Ideale kommuniziert, die letztlich toxisch sind“, sagt Weber. „Wenn wir ein solches Idealbild sehen, vergleichen wir automatisch unser eigenes Leben damit. Häufig haben wir dabei aber nicht im Kopf, dass die Menschen, die sich so auf den sozialen Medien inszenieren, damit oftmals ihr Geld verdienen und natürlich nur eine ideale Welt posten.“

Darüber hinaus seien die Bilder oftmals geschönt, aber trotzdem so inszeniert, als wären es Alltagsbilder. „Das gaukelt uns vor, dass das der Standard sei, an dem wir uns messen müssen“ – was aber nicht der Fall ist. „Insofern ist es besser, sich mit Freunden oder Kolleginnen zu vergleichen“, sagt Weber. „Bei diesen weiß man, die sind mal organisiert und mal unorganisiert. Und wenn sie sich mal stylen, um abends auszugehen, sehen sie toll aus. Aber man kennt sie eben auch in der Jogginghose.“ Wer sich ständig mit Influencerinnen und Influencern vergleiche, fühle sich hingegen schnell unzulänglich.

Unrealistisch, rassistisch und wenig emanzipiert

Doch nicht nur die oft unrealistischen Ideale, die der Hashtag #vanillagirl kommuniziert, sieht die Kommunikationspsychologin kritisch. Gleichzeitig, sagt sie, sehe sie darin eine sexistische Selbstdarstellung: „Sie führt dazu, dass Frauen sich selbst auf Äußerlichkeiten reduzieren. Es werden traditionelle Genderrollen bespielt, was auch traditionelle Hierarchien beinhaltet.“

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„Und leider hat das Ganze auch einen rassistischen Touch“, sagt Weber. „‚Vanilla Girls‘ sind blond, haben helle Haut und tragen beige Töne – da ist wenig Platz für Menschen, die anders aussehen.“ Das gilt insbesondere für Menschen mit dunklen Haaren oder dunkler Haut: Denn Vanille ist nun einmal irgendwo zwischen Beige und Pastellgelb angesiedelt.

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Für mehr Würze auf Tiktok, Instagram und Co.

„Es ist wichtig, dass es diese Trends geben darf“, findet Weber, „vor allem, weil sie als Spiegel der Gesellschaft dienen.“ Trotzdem mahnt sie, Trends zunächst kritisch einzuordnen. „Es gibt zum Beispiel ‚Vanilla Girls‘ asiatischer Herkunft, die sich die Haare blond färben, um in das erstrebenswert scheinende Farbschema zu passen“, sagt Weber. „Ich möchte das keiner Frau absprechen, sich so in den sozialen Medien zu präsentieren. Aber man sollte sich auch fragen, ob das vermittelte Bild den eigenen Werten entspricht, ehe man es mit einem Hashtag wie #vanillagirl kennzeichnet.“

Zudem sei es gut, sich vor Augen zu halten: „Prinzipiell bergen soziale Medien unglaubliches Potenzial. Im Gegensatz zu Darstellungen in Filmen oder der Werbung, denen sie passiv ausgesetzt sind, können Menschen in sozialen Medien aktiv entscheiden, wie sie sich darstellen“, sagt Weber. Viele Menschen seien sich dessen aber nicht bewusst. „Und so gibt es weniger diversen Content, sondern eben viel stereotypen Mainstream“, sagt Weber. „Wenn die Menschen sich diverser darstellten und nicht alle gleich aussähen in ihren beigefarbenen Uniformen, könnten diese Stereotype eher aufgebrochen werden und eine inklusivere Gesellschaft fördern.“

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